Das kommt mir alles Spanisch vor? – Ein Interview zum Thema Lean Portfolio Management

Das kommt mir alles Spanisch vor? – Ein Interview mit Stella Büchele und Alexander Badini zum Thema Lean Portfolio Management und der Antwort auf die Frage, was Spanisch sprechen mit der Einführung von LPM zu tun hat.

Hallo Stella, hallo Alex! Schön, dass wir heute zusammengefunden haben. Ich bin gespannt, was Ihr beiden als Experten von LPM und Agilität dazu zu berichten werdet. Im Detail geht es heute um die Einführung von Lean Portfolio Management in Organisationen. Alex, was sind hierbei aus deiner Sicht die besonderen Herausforderungen?

Alexander Badini: Nun, LPM fasst ganz oben an. Bei der Einführung von agiler Arbeitsweise auf Strategieebene. Und wie wir alle wissen, geht es dabei vor allem um die zwei berühmten „Ms“. Das eine ist die Methodik, aber noch viel wichtiger ist aber das Thema Mindset. Aus meiner langjährigen Erfahrung kann ich sagen, dass der Reifegrad auf Teamebene in vielen Unternehmen oft ganz gut ist. Scrum, als ein Beispiel für agiles Arbeiten in Entwicklungsteams, ist hier etabliert. Skaliert man nun von der Einzel-Team-Ebene auf Programm-Ebene mit vielen Teams, sogenannten „Agile Release Trains“ nach SAFe, funktioniert dies daher oft sehr gut. Skalieren wir dann aber weiter, bewegen wir uns irgendwann auf Portfolio-Ebene. Das heißt jetzt greife ich mit einem LPM-Ansatz in viele etablierte Prozesse, Entscheidungsstrukturen und Verantwortlichkeiten ein. Und da genau dadurch das gesamte Unternehmen, vom Projektleiter bis zum Top Management von der Transformation betroffen ist, sind wir beim Thema Unternehmenskultur und Mindset angelangt.

Was muss aus deiner Sicht Stella beim Thema Eingriff in die Unternehmenskultur berücksichtigt werden? Bzw. wie sieht die Lebenswirklichkeit von deinen Kundenprojekten aus?

Stella Büchele: Laut meiner Erfahrung sind Unternehmenskulturen nach wie vor stark siloorientiert, insbesondere in großen Konzernen. Die unterschiedlichen Abteilungen und Divisionen werden streng nach ihren bereichsindividuellen Zielen geführt und oft auch entlohnt. Dabei sind Zielkonflikte zwischen den Bereichen keine Seltenheit. Der Ansatz von LPM widerspricht genau dieser „Ich“-zentrierten Silo-Herangehensweise. Noch mehr: LPM forciert, dass das übergeordnete Gesamtziel viel wichtiger ist als die einzelnen Silos und ihre bereichsindividuellen Ziele. Es geht bei LPM darum, sich über alle Silos hinweg, auf das bestmögliche Portfolio zu einigen.

Dafür muss über alle Abteilungen hinweg priorisiert werden und persönliche Interessen sollten den übergeordneten Unternehmensinteressen untergeordnet werden. Rein theoretisch müssten alle Abteilungen ohnehin nur eine Priorität haben: Den bestmöglichen Unternehmenserfolg und die Sicherstellung der strategischen Ziele.

Und in der Realität sieht das oft anders aus?

Stella Büchele: Nicht immer und auch nicht überall, aber der Perspektivwechsel vom „Ich“ zum „Wir“ bzw. vom Silo zu einer gesamtunternehmerischen Perspektive ist oft schwer. Dabei handeln die betroffenen Menschen zumeist nicht mal egoistisch oder mit schlechter Absicht, sondern sind einfach über Jahre, teils Jahrzehnte zu dieser Denke sozialisiert. Ziel von LPM ist es weniger zu kontrollieren und mehr miteinander zu reden, gemeinschaftlich zu entscheiden, sich gegenseitig zu unterstützen und bei begrenzten Budgets und Ressourcen den Themen mit dem größten Impact den Vortritt zu lassen – ungeachtet, ob es die eigenen Themen sind oder nicht. Du erinnerst dich an das zweite M? Mindset ist hier das Zauberwort.

So weit verstanden. Und wie wird nun so ein LPM-Projekt erfolgreich eingeführt?

Alexander Badini: Also vorweg: LPM in einem Unternehmen einzuführen und anschließend zu denken, dass dadurch alle Probleme von heute auf morgen gelöst seien, damit kann man nur scheitern. Denn vor allem die kulturelle Veränderung brauch Zeit. Und jedes Unternehmen hat individuelle Vorrausetzungen und Herausforderungen.  Genau deshalb setzen wir von P3 auf einen evolutionären statt eines revolutionären Ansatzes. Revolutionär würde bedeuten die Aufbauorganisation einmal von links nach rechts zu drehen, Abteilungen aufzulösen und Produkt bzw. Prozessorientierte Wertströme zu etablieren. Man muss kein Hellseher sein, um die Konsequenzen zu antizipieren: Unsicherheit, Angst, Ablehnung. Das Vorhaben würde mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit scheitern, bevor es richtig angefangen hat.

Und wie sieht der evolutionäre Ansatz aus?

Stella Büchele: Der evolutionäre Ansatz orientiert sich vor allem an den agilen Prinzipien und setzt auf eine kontinuierliche und regelmäßige Lieferung sowie die Limitierung von Work in Progress. Dabei helfen erste Erfolge die Bereitschaft bei den Menschen für die nächsten Veränderungen zu etablieren. Eine schrittweise Veränderung ermöglicht es uns Lessons Learned zu integrieren und den Kurs der Transformation bei Bedarf anzupassen. So machen wir das auch aktuell bei unseren Kunden. Und nur damit hier keine Missverständnisse aufkommen: Auch der evolutionäre Ansatz setzt im Kontext von LPM eine unglaublich hohe Veränderungsbereitschaft voraus, denn wie Alexander Badini bereits richtig erwähnt, von der Team- bis zur Top-Management-Ebene eben alle betroffen sind. Und gleich noch dazu: Löst Euch von dem Wunsch und der Hoffnung man könne auf Basis von Tools den Prozess automatisieren und Entscheidungen an Algorithmen outsourcen. Diese Werkzeuge unterstützen, ersetzen jedoch nicht die Interaktion. Es bleibt wie 2001 von Sutherland und Schwaber im agilen Manifest beschrieben: „Individuen und Interaktionen“ sind wichtiger als „Prozesse & Werkzeuge“ Und dann ist die erste und vielleicht auch die zweite Portfolio Konferenz innerhalb einer LPM-Transformation mit hoher Wahrscheinlichkeit „a mess“. Aber es wird stetig besser und das Feedback unserer Kunden sowie viele große und kleine Erfolge geben uns dabei mehr als Recht.

Es geht also darum, sich das große gemeinsame Ziel klarzumachen und sich bewusst zu werden, dass man nur kooperativ die bestmögliche Lösung findet. Doch was ist, wenn dieser Veränderungswille LPM zu nutzen noch nicht da ist? Wie lassen sich Widerstand und Zurückhaltung in der Organisation lösen?

Alexander Badini: Nun, es gibt zwei wesentliche Antriebe, um etwas zu verändern. Der eine Antrieb ist „weg von“. Sprich, ich möchte etwas nicht mehr haben. Zum Beispiel, ich möchte in der IT nicht mehr so eine riesige Bugwelle an Projekten vor mir herschieben, Zeitleisten reißen und von einem Brand zum nächsten Brand rennen. Der zweite Antrieb, der mich zu Veränderungen bringt, ist das „hin zu“. Bei LPM muss aus meiner Sicht der „weg von“-Antrieb stärker ausgeprägt sein. Denn wie ich bereits eingangs beschrieben habe, ist Agile auf der Team Ebene schon sehr gut etabliert, aber im Top Management besteht noch Luft nach oben. Und das ist auch der große „Fehler“ bzw. die große Herausforderung von SAFe: Sie verwenden eine komplett neue Sprache. Plötzlich reden wir über Epics, Value Streams oder Participatory Budgeting. Das sind für die meisten Menschen komplett neue Begriffe, die erstmal erklärt werden müssen. Sowohl auf inhaltlicher als auch auf sprachlicher Ebene. Deshalb kommt LPM sehr vielen im ersten Augenblick auch einfach spanisch vor- und zwar im doppelten Sinne.

So habe ich es bisher nie betrachtet. Eine LPM-Transformation ist also wie eine neue Sprache lernen? Interessant.

Alexander Badini: Absolut. Deswegen ist ein essenzieller Punkt bei einer LPM-Transformation nicht nur den fachlich methodischen Hintergrund zu etablieren, sondern auch die neue Sprache. Das kostet in der Regel jedoch sehr viel Zeit, Training und Überzeugungsarbeit. Diese Zeit haben wir in der Regel jedoch nicht im Überfluss. Genau aus diesem Grund ist der von P3 gewählte Antrieb, um LPM einzuführen, nicht primär der „hin zu“, sondern der „weg von“. Denn die im Unternehmen bestehenden Probleme, Schieflagen und Missstände sind allen bekannt, sind von allen verstanden und wurden schon hunderte Male erlebt. Es spielt also keine Rolle, ob wir das nun Epic nennen oder nicht. Unser Fokus liegt auf dem Lösen der Pain Points unserer Kunden. Dem „weg von“. Weg von „Ressourcenengpässen“, weg von „Intransparenz“, weg von Silodenken und Bereichsegoismen. Das ist unser Treibstoff in einer LPM-Transformation.

Source: Making the Recovery Circular and Green, EU Commission, 2020

SAFe und dessen Begrifflichkeiten ist das somit das Mittel aber nicht der Zweck, richtig?

Stella Büchele: Ja, das trifft es sehr gut. Es gilt die Menschen zu überzeugen, vor allem das mittlere und das Top-Management, die noch nie etwas von Agilität gehört haben. Eine neue Methodik und eine neue Sprache zu lernen, kostet immer viel Energie. Dabei verliert man nicht selten die Motivation. Käme mir auch spanisch vor, wenn einer um die Ecke kommt und zu mir „Alles auf Anfang und ich erkläre dir jetzt mal die Welt“. Veränderung braucht nun mal Zeit. Und genau wie im Sprachunterricht braucht es auch bei einer SAFe-Transformation Empathie, ein behutsames und schrittweises Vorgehen und vor allem keinen agilen Dogmatismus. Denn jede Methode bzw. jedes Framework, auch Lean Portfolio Management, dient immer noch dem Menschen und nicht andersrum.

Super, vielen Dank Alexander und vielen Dank Stella für das spannende Gespräch und den Blick hinter die Kulissen einer LPM-Transformation. In dem Sinne: sigue siendo emocionante y hasta pronto!

Autoren

Sabine Graupner

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Das kommt mir alles Spanisch vor? – Ein Interview zum Thema Lean Portfolio Management

Das kommt mir alles Spanisch vor? – Ein Interview mit Stella Büchele und Alexander Badini zum Thema Lean Portfolio Management und der Antwort auf die Frage, was Spanisch sprechen mit der Einführung von LPM zu tun hat.

Hallo Stella, hallo Alex! Schön, dass wir heute zusammengefunden haben. Ich bin gespannt, was Ihr beiden als Experten von LPM und Agilität dazu zu berichten werdet. Im Detail geht es heute um die Einführung von Lean Portfolio Management in Organisationen. Alex, was sind hierbei aus deiner Sicht die besonderen Herausforderungen?

Alexander Badini: Nun, LPM fasst ganz oben an. Bei der Einführung von agiler Arbeitsweise auf Strategieebene. Und wie wir alle wissen, geht es dabei vor allem um die zwei berühmten „Ms“. Das eine ist die Methodik, aber noch viel wichtiger ist aber das Thema Mindset. Aus meiner langjährigen Erfahrung kann ich sagen, dass der Reifegrad auf Teamebene in vielen Unternehmen oft ganz gut ist. Scrum, als ein Beispiel für agiles Arbeiten in Entwicklungsteams, ist hier etabliert. Skaliert man nun von der Einzel-Team-Ebene auf Programm-Ebene mit vielen Teams, sogenannten „Agile Release Trains“ nach SAFe, funktioniert dies daher oft sehr gut. Skalieren wir dann aber weiter, bewegen wir uns irgendwann auf Portfolio-Ebene. Das heißt jetzt greife ich mit einem LPM-Ansatz in viele etablierte Prozesse, Entscheidungsstrukturen und Verantwortlichkeiten ein. Und da genau dadurch das gesamte Unternehmen, vom Projektleiter bis zum Top Management von der Transformation betroffen ist, sind wir beim Thema Unternehmenskultur und Mindset angelangt.

Was muss aus deiner Sicht Stella beim Thema Eingriff in die Unternehmenskultur berücksichtigt werden? Bzw. wie sieht die Lebenswirklichkeit von deinen Kundenprojekten aus?

Stella Büchele: Laut meiner Erfahrung sind Unternehmenskulturen nach wie vor stark siloorientiert, insbesondere in großen Konzernen. Die unterschiedlichen Abteilungen und Divisionen werden streng nach ihren bereichsindividuellen Zielen geführt und oft auch entlohnt. Dabei sind Zielkonflikte zwischen den Bereichen keine Seltenheit. Der Ansatz von LPM widerspricht genau dieser „Ich“-zentrierten Silo-Herangehensweise. Noch mehr: LPM forciert, dass das übergeordnete Gesamtziel viel wichtiger ist als die einzelnen Silos und ihre bereichsindividuellen Ziele. Es geht bei LPM darum, sich über alle Silos hinweg, auf das bestmögliche Portfolio zu einigen.

Dafür muss über alle Abteilungen hinweg priorisiert werden und persönliche Interessen sollten den übergeordneten Unternehmensinteressen untergeordnet werden. Rein theoretisch müssten alle Abteilungen ohnehin nur eine Priorität haben: Den bestmöglichen Unternehmenserfolg und die Sicherstellung der strategischen Ziele.

Und in der Realität sieht das oft anders aus?

Stella Büchele: Nicht immer und auch nicht überall, aber der Perspektivwechsel vom „Ich“ zum „Wir“ bzw. vom Silo zu einer gesamtunternehmerischen Perspektive ist oft schwer. Dabei handeln die betroffenen Menschen zumeist nicht mal egoistisch oder mit schlechter Absicht, sondern sind einfach über Jahre, teils Jahrzehnte zu dieser Denke sozialisiert. Ziel von LPM ist es weniger zu kontrollieren und mehr miteinander zu reden, gemeinschaftlich zu entscheiden, sich gegenseitig zu unterstützen und bei begrenzten Budgets und Ressourcen den Themen mit dem größten Impact den Vortritt zu lassen – ungeachtet, ob es die eigenen Themen sind oder nicht. Du erinnerst dich an das zweite M? Mindset ist hier das Zauberwort.

So weit verstanden. Und wie wird nun so ein LPM-Projekt erfolgreich eingeführt?

Alexander Badini: Also vorweg: LPM in einem Unternehmen einzuführen und anschließend zu denken, dass dadurch alle Probleme von heute auf morgen gelöst seien, damit kann man nur scheitern. Denn vor allem die kulturelle Veränderung brauch Zeit. Und jedes Unternehmen hat individuelle Vorrausetzungen und Herausforderungen.  Genau deshalb setzen wir von P3 auf einen evolutionären statt eines revolutionären Ansatzes. Revolutionär würde bedeuten die Aufbauorganisation einmal von links nach rechts zu drehen, Abteilungen aufzulösen und Produkt bzw. Prozessorientierte Wertströme zu etablieren. Man muss kein Hellseher sein, um die Konsequenzen zu antizipieren: Unsicherheit, Angst, Ablehnung. Das Vorhaben würde mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit scheitern, bevor es richtig angefangen hat.

Und wie sieht der evolutionäre Ansatz aus?

Stella Büchele: Der evolutionäre Ansatz orientiert sich vor allem an den agilen Prinzipien und setzt auf eine kontinuierliche und regelmäßige Lieferung sowie die Limitierung von Work in Progress. Dabei helfen erste Erfolge die Bereitschaft bei den Menschen für die nächsten Veränderungen zu etablieren. Eine schrittweise Veränderung ermöglicht es uns Lessons Learned zu integrieren und den Kurs der Transformation bei Bedarf anzupassen. So machen wir das auch aktuell bei unseren Kunden. Und nur damit hier keine Missverständnisse aufkommen: Auch der evolutionäre Ansatz setzt im Kontext von LPM eine unglaublich hohe Veränderungsbereitschaft voraus, denn wie Alexander Badini bereits richtig erwähnt, von der Team- bis zur Top-Management-Ebene eben alle betroffen sind. Und gleich noch dazu: Löst Euch von dem Wunsch und der Hoffnung man könne auf Basis von Tools den Prozess automatisieren und Entscheidungen an Algorithmen outsourcen. Diese Werkzeuge unterstützen, ersetzen jedoch nicht die Interaktion. Es bleibt wie 2001 von Sutherland und Schwaber im agilen Manifest beschrieben: „Individuen und Interaktionen“ sind wichtiger als „Prozesse & Werkzeuge“ Und dann ist die erste und vielleicht auch die zweite Portfolio Konferenz innerhalb einer LPM-Transformation mit hoher Wahrscheinlichkeit „a mess“. Aber es wird stetig besser und das Feedback unserer Kunden sowie viele große und kleine Erfolge geben uns dabei mehr als Recht.

Es geht also darum, sich das große gemeinsame Ziel klarzumachen und sich bewusst zu werden, dass man nur kooperativ die bestmögliche Lösung findet. Doch was ist, wenn dieser Veränderungswille LPM zu nutzen noch nicht da ist? Wie lassen sich Widerstand und Zurückhaltung in der Organisation lösen?

Alexander Badini: Nun, es gibt zwei wesentliche Antriebe, um etwas zu verändern. Der eine Antrieb ist „weg von“. Sprich, ich möchte etwas nicht mehr haben. Zum Beispiel, ich möchte in der IT nicht mehr so eine riesige Bugwelle an Projekten vor mir herschieben, Zeitleisten reißen und von einem Brand zum nächsten Brand rennen. Der zweite Antrieb, der mich zu Veränderungen bringt, ist das „hin zu“. Bei LPM muss aus meiner Sicht der „weg von“-Antrieb stärker ausgeprägt sein. Denn wie ich bereits eingangs beschrieben habe, ist Agile auf der Team Ebene schon sehr gut etabliert, aber im Top Management besteht noch Luft nach oben. Und das ist auch der große „Fehler“ bzw. die große Herausforderung von SAFe: Sie verwenden eine komplett neue Sprache. Plötzlich reden wir über Epics, Value Streams oder Participatory Budgeting. Das sind für die meisten Menschen komplett neue Begriffe, die erstmal erklärt werden müssen. Sowohl auf inhaltlicher als auch auf sprachlicher Ebene. Deshalb kommt LPM sehr vielen im ersten Augenblick auch einfach spanisch vor- und zwar im doppelten Sinne.

So habe ich es bisher nie betrachtet. Eine LPM-Transformation ist also wie eine neue Sprache lernen? Interessant.

Alexander Badini: Absolut. Deswegen ist ein essenzieller Punkt bei einer LPM-Transformation nicht nur den fachlich methodischen Hintergrund zu etablieren, sondern auch die neue Sprache. Das kostet in der Regel jedoch sehr viel Zeit, Training und Überzeugungsarbeit. Diese Zeit haben wir in der Regel jedoch nicht im Überfluss. Genau aus diesem Grund ist der von P3 gewählte Antrieb, um LPM einzuführen, nicht primär der „hin zu“, sondern der „weg von“. Denn die im Unternehmen bestehenden Probleme, Schieflagen und Missstände sind allen bekannt, sind von allen verstanden und wurden schon hunderte Male erlebt. Es spielt also keine Rolle, ob wir das nun Epic nennen oder nicht. Unser Fokus liegt auf dem Lösen der Pain Points unserer Kunden. Dem „weg von“. Weg von „Ressourcenengpässen“, weg von „Intransparenz“, weg von Silodenken und Bereichsegoismen. Das ist unser Treibstoff in einer LPM-Transformation.

Source: Making the Recovery Circular and Green, EU Commission, 2020

SAFe und dessen Begrifflichkeiten ist das somit das Mittel aber nicht der Zweck, richtig?

Stella Büchele: Ja, das trifft es sehr gut. Es gilt die Menschen zu überzeugen, vor allem das mittlere und das Top-Management, die noch nie etwas von Agilität gehört haben. Eine neue Methodik und eine neue Sprache zu lernen, kostet immer viel Energie. Dabei verliert man nicht selten die Motivation. Käme mir auch spanisch vor, wenn einer um die Ecke kommt und zu mir „Alles auf Anfang und ich erkläre dir jetzt mal die Welt“. Veränderung braucht nun mal Zeit. Und genau wie im Sprachunterricht braucht es auch bei einer SAFe-Transformation Empathie, ein behutsames und schrittweises Vorgehen und vor allem keinen agilen Dogmatismus. Denn jede Methode bzw. jedes Framework, auch Lean Portfolio Management, dient immer noch dem Menschen und nicht andersrum.

Super, vielen Dank Alexander und vielen Dank Stella für das spannende Gespräch und den Blick hinter die Kulissen einer LPM-Transformation. In dem Sinne: sigue siendo emocionante y hasta pronto!

Autoren

Sabine Graupner

Simon Jung

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